Kocherscheidt Bild Objekt Verkörperung Skulptur

Kocherscheidt – Sartre – Rihm als Druckversion (PDF mit Abb. u. Fn. 34.100 KB)

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„Ein Lob dem groben Schnitt, dem brechenden Rand und der Bildentgleisung.“ Kocherscheidt – Sartre – Rihm

in: Brustrauschen. Zum Werkdialog von Kurt Kocherscheidt und Wolfgang Rihm, hrsg. von Heinz Liesbrock, Stuttgart 2001, S. 28-53.

Kapitel IV

Drei Jahre später, 1985, begegnen wir mit Bildern wie Russische Hütte (Abb. S. 39) Werken, die erneut einen Schritt weitergehen und jetzt den Charakter von Bild-Objekten gewinnen, was sich äußerlich allein schon am Umriß in der Art eines „shaped canvas“ zeigt. In solchen Arbeiten hat die baldige Gabelung des Weges in Malerei und Skulptur ihre Vorboten. Der Farbauftrag wird noch pastoser und gleichzeitig trockener, die rauhen Wände dieser Hütte sind geradezu spürbar. Vor allem aber verschwindet die differenzierende Behandlung von Figur und Grund, die sich noch bis zu den „Leib“- oder „Säulen“-Bilder durchhielt, zugunsten einer wechselseitigen Durchdringung. Beide sind gleichermaßen aufgehoben im objekthaften Bildkörper. Verantwortlich ist dafür in erster Linie die gegenüber Großer Leib IV gewandelte Rolle der verschiedenen Bildtafeln, aus denen sich beide Werke zusammensetzen. Die riesige Russische Hütte erscheint aus ihren insgesamt fünf Tafeln regelrecht errichtet, mit drei unteren Tafeln als Wand oder Basis, und zwei oberen Tafeln als Dach oder Architrav. Deren Mittelspalte trifft dabei tektonisch korrekt, quasi nach dem Backsteinprinzip, auf die durchlaufende Oberkante der unteren Mitteltafel. Die Struktur des Bildes und die Struktur des Dargestellten fallen in eins. Die gemeinte Russische Hütte ist genau diese Zusammenfügung von fünf sehr dichten, flächigen Tafeln. Die Pointe von Kocherscheidts Hütte liegt dabei in der nach unten verlängerten Mitteltafel und somit darin, daß sie nur an der Wand hängen kann, wenn sie nicht kippen soll. Ihre Stabilität als Hütte ist ihre Festgefügtheit als Bild.
In der Russischen Hütte ergibt sich eine starke Spannung zwischen der Materialität und Wirkkraft der Farbe und dem Ding-Charakter des Bildes als Gegenstand. Zwei Körperlichkeiten, die zwei Formen der Verkörperung darstellen, geraten in eine Konkurrenz, die sich mit der Assemblage von Bildtafeln als der Vermittlung beider nicht aufheben ließ. An diesem Punkt beginnt Kocherscheidt auf den zwei Pfaden von Malerei und Skulptur gleichzeitig weiterzugehen. Mit der Scheidung der beiden Verkörperungsformen in Malerei und Skulptur gelingt Kocherscheidt die jeweilige Befreiung beider zu sich selbst. („Befreiung“ ist dabei Kocherscheidts eigene Formulierung.) Auf den ersten Blick scheinen die zeitgleich entstehenden Bilder und Holzarbeiten eher Varianten desselben zu sein, wie etwa die Gegenüberstellung der Russischen Hütte mit der Englischen Acht (Abb. S. 41) zeigt. Gewisse Formelemente haben sie sogar unmittelbar gemeinsam. Die Polygone in der rostroten Fläche der Skulptur sind Öffnungen an Stellen, die vorgängig bereits mit weißer Farbe markiert worden waren. Ebensolche weiße Polygone finden wir in der Russischen Hütte. Mit dem Ansetzen der Säge forciert Kocherscheidt nun aber in der Englischen Acht die eine Seite der Russischen Hütte, nämlich ihre Tendenz zum Bild als Objekt. Und während die Russische Hütte mit ihrer nach unten verlängerten Mitteltafel zugleich die Daseinsform als Bild pointiert, ruht die Skulptur der Englischen Acht nun auf zwei Füßen auf, die ihr Stehen auf dem Boden ausdrücklich werden lassen.
Im Augenblick, in dem die Objekt-Seite der bisherigen Werke von den neu entstehenden Skulpturen gleichsam absorbiert wird, beginnt sich die Malerei entsprechend zu transformieren. An einer Arbeit wie Brustrauschen (Abb. S.43), die im gleichen Jahr 1986 entsteht wie die Englische Acht, wird dies deutlich. Wiederum läßt gerade die oberflächliche Ähnlichkeit die jeweiligen Akzentuierungen offenbar werden. Die Differenz zwischen Bild und Skulptur artikuliert sich im Lochmotiv, das in beiden Arbeiten eine zentrale Rolle spielt. Bei der Skulptur sind es Öffnungen auf einen unbestimmten Raum hinter der Skulptur hin, die den schildartigen Körper zuallererst hervortreten lassen. Genau umgekehrt verhält es sich mit den sechs Löchern in der gelben Membran von Brustrauschen. Sie sind der Ort, wo das darunterliegende Blauschwarz hervorbricht und, in Umkehrung der farbräumlichen Logik, vor das helle Gelb zu treten scheint. Jede empirisch-räumliche Abfolge, jede klare Differenzierung in Figur und Grund bzw. Körper und Umraum, wie es die Englische Acht charakterisiert, hebt sich dadurch auf, was den verschiedenen Ebenen und Partien des Bildes einen ebenmäßigen Grad an Präsenz verleiht. Den acht Negativformen der Englischen Acht antworten so die sechs Positivformen in Brustrauschen, in denen ein hintergründiges Dunkel uns anblickt.
Obschon Brustrauschen aus mehreren Tafeln zusammengefügt ist, verschwindet das Tektonische, das für die Russische Hütte so bezeichnend ist, und mit ihm der Versuch, in der Bildgestalt zugleich eine Gegenstandsgestalt hervorzubringen. Der Akzent liegt eindeutig mehr auf „Rauschen“ denn auf „Brust“, was dieses Bild trotz seines Titels entschieden von der Serie der Leiber trennt. Es ereignet sich hier ein Geräusch oder ein Tönen, das sich objekthaft nicht mehr fixieren läßt. Dieser rauschende, hell-dumpfe Klang, so körperlich er uns erfaßt, ist ausschließlich der einer „befreiten Farbe“, die im Bild von der Schwerkraft gelöst und doch schwer, nämlich als Farbe wie als Farbkontrast schwer, im Bild schwebt. „Die Bilder rücken in die Nähe von Musik“, schreibt Kocherscheidt und zitiert Wolfgang Rihm: „… das Geräusch der Oberflächen, das Dröhnen der Bild- und Farbflächen, das Tempo der Zeichen.“

Kapitel I
Kapitel II
Kapitel III
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Kocherscheidt Illusionismus Ding Leib

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„Ein Lob dem groben Schnitt, dem brechenden Rand und der Bildentgleisung.“ Kocherscheidt – Sartre – Rihm

in: Brustrauschen. Zum Werkdialog von Kurt Kocherscheidt und Wolfgang Rihm, hrsg. von Heinz Liesbrock, Stuttgart 2001, S. 28-53.

Kapitel III

In Zeichnungen wie Paläontologische Waldlichtung von 1975 (Abb. S. 30 unten) oder Gemälden wie Glockenblume von 1977 (Abb. S. 33) werden die irritierenden, fremdartigen Natur-Körper noch in räumliche Zusammenhänge eingebettet, die sich illusionistisch in die Tiefe hin erstrecken. Kocherscheidt operiert hier noch im traditionellen Modus des Landschaftlichen und treibt diese Darstellungsform der Natur dennoch an eine Grenze. Denn das, worauf sich das Augenmerk des Künstlers richtet, entwindet sich den bildnerischen Zusammenhängen. Bei der Glockenblume wird das durch die überdimensionierende Nähe bewirkt, in der die sackartige Blüte, die von einem weißlichen Steinziegel bedrängt wird, gesehen ist. Und in der Zeichnung wird es durch den Wechsel vom Bleistift, mit dem die gegenständlich eindeutigeren Bäume gezeichnet sind, zur Ölkreide manifest, deren dickerer, fettigerer Strich die amorphen Klumpen und Wülste von ihrer Umgebung isoliert. Bereits in solchen Details offenbart sich, daß der landschaftliche Zugang zur Natur für das, was Kocherscheidt an ihr wichtig ist, weiter nicht tragen wird.

Gegen Ende der 70er Jahre verschwindet der Horizont, unabdingbare Orientierung des traditionellen Landschaftsbildes, aus Kocherscheidts Malerei. Zunächst wächst das Bild gleichsam von allen Seiten her zu wie in Kleine Girlande von 1979 (Abb. S. 34), wo wir rankenartige Pflanzenglieder um eine lichte Mitte tanzen sehen. Der Blick trifft lotrecht auf diese vegetabile Szenerie wie auf ein seltsames Präparat unter Glas. Die Bildtiefe schwindet entsprechend. Dann folgen, wie im Viertafelbild Boissano II von 1981 (Abb. S. 35), eigentümlich aufgeräumte, helltonige Bilder, in denen in sich selbst drehende Rundkörper zwischen Gefäß, Wurzel, Astfragment und Insektentorso dimensions- und ortlos vor mehr oder weniger monochromem Grund dahingleiten. Die Isolierung des Dings als Sprengung jeden definierbaren Kontextes ist hier weit fortgeschritten, gleichwohl sind das dargestellte Ding und das Bild klar zu trennende Sachverhalte. Allerdings dienen sowohl das Abbrechen der Farbe auf der rechten Bildseite als auch vor allem die Zusammenfügung aus vier Tafeln als Maßnahmen, den bildlichen Illusionismus in Schach zu halten, der sich im klaren Figur-Grund-Verhältnis manifestiert. Dadurch tritt der Bildgrund selbst als ein mehrgliedriger Körper deutlich hervor. Über die gemeinsame Vierzahl von Tafeln und repräsentierten Schwebekörpern werden Bild-Ding und Gegenstands-Ding sogar unmittelbar parallelisiert. Doch die Parallelität der beiden schließt ihre Koinzidenz gleichzeitig aus.

Im Rückblick erscheint eine Arbeit wie Boissano II eher wie eine heitere, surrealistisch angehauchte Zwischenstufe vor dem entscheidenden Durchbruch, der sich 1982 mit Bildern wie der Gruppe der Säulen (Abb. S. 36) oder der Serie der Leiber (Abb. S. 37) ereignet. Das Bild wird nun zum Erscheinungsort eines einzigen, randfüllenden, ja rand-dehnenden Gegenstandes, dessen Volumen nicht abgebildet wird, etwa mittels Perspektive oder Schattenwurf, sondern sich in der Dichte der Farbmaterie aufbaut, sodaß diese Säule oder dieser Torso ganz flach und bildebenenparallel und zugleich ganz körperlich, ganz Ding zu sein vermögen. Nun beginnt das, was man als die allmähliche Verschmelzung des Dargestellten (als einem prinzipiell abwesenden) und des Bildes (als einem prinzipiell gegenwärtigen), also als die Koinzidenz des Zeichens mit dem Bezeichneten, beschreiben kann. Der Blick wird jetzt wieder frontal, denn nun geht es um die „Konfrontation“, um die Formulierung Kocherscheidts aufzunehmen: die Konfrontation zwischen unserem Leib und dem Leib des Bildes. Die illusionistische Vertiefung des Bildraumes, die trotz der genannten Maßnahmen in Werken wie Boissano II nicht verschwindet, wird gewissermaßen umgepolt und weicht einem förmlichen nach vorne Gemaltsein, das die Säule bzw. den Torso in den Raum zwischen uns und dem Bild hineindrängen läßt. An der Serie der Leiber scheint außerdem bedeutsam zu sein, daß sie jeweils zugleich auch Gesichter sind. Die „Lungen“ des Großen Leibes IV (Abb. S 37) ähneln Insektenaugen, deren Phantomblick uns erfaßt. Aus ihnen trifft uns ein Blick, der wie der Blick des Blinden kein wirkliches Gegenüber bildet und gerade daraus seine dezentrierende Macht gewinnt.

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Kapitel II
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Kocherscheidt Südamerika Sartre Ekel

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„Ein Lob dem groben Schnitt, dem brechenden Rand und der Bildentgleisung.“ Kocherscheidt – Sartre – Rihm

in: Brustrauschen. Zum Werkdialog von Kurt Kocherscheidt und Wolfgang Rihm, hrsg. von Heinz Liesbrock, Stuttgart 2001, S. 28-53.

Kapitel II

Zu Recht wird der eigentliche Beginn von Kocherscheidts Werk in seiner Reise nach Südamerika 1972/73 gesehen. Hier gelang Kocherscheidt die Zäsur, ein Frühwerk zu durchbrechen, das distanziert und ironisch zwischen expressionistischem Dekor und erzählender Phantastik pendelte. In Kocherscheidts Bilder zog jetzt die Stummheit und der Ernst ein, die sich nicht mehr verlieren sollten. Dem Künstler scheint auf seiner Reise etwas begegnet zu sein, das einschneidend und folgenschwer war. Blicken wir auf die Zeichnungen, die Mitte der siebziger Jahre im Anschluß an die Reise entstanden, so treffen wir wiederkehrend auf eigentümlich unförmige, dimensionslose Natur-Dinge, auf unterdeterminierte Phänomene, die nicht selten widerwärtig sind. Die Konfrontation mit der träge schwellenden und ihre Tentakelarme überallhin ausstreckenden Schmarotzerbohne (Abb. S.30 oben) oder den eigentümlichen Naturleibern, die in der Mitte der Paläontologischen Waldlichtung (Abb. S.30 unten) verstreut liegen, darf man sich vielleicht vorstellen wie die berühmte Begegnung Antoine Roquentins mit der Wurzel eines Kastanienbaums, die Jean-Paul Sartre in seinem ersten Roman Der Ekel beschreibt. Dieser epochale Roman Sartres, der ursprünglich nach Dürers Kupferstich den Titel „Melancholia“ tragen sollte, etablierte mit einen Schlag nicht nur seinen Autor, sondern zugleich die Denk- und Lebensform des Existenzialismus. Die entscheidende, hier stark kondensierte Passage lautet wie folgt:

„Das Wort Absurdität entsteht jetzt unter meiner Feder; vorhin im Park habe ich es nicht gefunden, aber ich suchte es auch nicht, ich brauchte es nicht: ich dachte ohne Worte über die Dinge, mit den Dingen. Die Absurdität, das war keine Idee in meinem Kopf, keine Einflüsterung, sondern diese lange tote Schlange zu meinen Füßen, diese Holzschlange. Schlange oder Kralle oder Wurzel oder Geierklaue, was auch immer. Ohne etwas deutlich zu formulieren, begriff ich, daß ich den Schlüssel der Existenz, den Schlüssel meines Ekels, meines eigenen Lebens gefunden hatte. […] Dort im Park berührte ich das Ding. […] Absurd, ungreifbar; nichts – nicht einmal ein tiefer und geheimer Wahn der Natur – konnte es erklären. Natürlich wußte ich nicht alles, ich hatte weder den Keim sich entwickeln noch den Baum wachsen sehen. Aber angesichts dieser rauhen Pranke hatten weder die Unwissenheit noch das Wissen eine Bedeutung: die Welt der Erklärungen und Gründe ist nicht die der Existenz. […] Knorrig, inert, namenlos, faszinierte sie mich, erfüllte meine Augen, führte mich ständig auf ihre eigene Existenz zurück. Ich konnte mir noch so oft wiederholen : ‚Es ist eine Wurzel‘, das verfing nicht mehr. Ich sah ein, daß man von ihrer Funktion als Wurzel, als Saugpumpe, nicht auf das kommen konnte, auf diese harte und kompakte Seehundshaut, auf dieses ölige, schwielige, eigensinnige Äußere. Die Funktion erklärte nichts: sie ließ in groben Zügen verstehen, was eine Wurzel war, aber keinesfalls diese hier. Diese Wurzel, mit ihrer Farbe, ihrer Form, ihrer erstarrten Bewegung, war […] unterhalb jeder Erklärung. […] Habe ich sie geträumt, diese ungeheure Gegenwart? Sie war da, lag auf diesem Park, war in diese Bäume gepurzelt, ganz wabbelig, alles verschmierend, ganz dickflüssig, eine Konfitüre. […] Ich stand auf, ich ging. Am Tor angekommen, habe ich mich umgedreht. Da hat der Park mir zugelächelt. Ich habe mich an das Tor gelehnt und habe lange geschaut. Das Lächeln der Bäume […], das wollte etwas sagen; das war das wirkliche Geheimnis der Existenz. […] Ich spürte verdrossen, daß ich kein Mittel hatte zu verstehen. Kein Mittel. Trotzdem war es da, abwartend, das hatte Ähnlichkeit mit einem Blick. […] Ich bin gegangen, ich bin ins Hotel zurückgekehrt und habe geschrieben.“

Der Rekurs auf Sartre erfolgt nicht mit der Absicht, Kocherscheidt als existentialistischen Künstler zu stilisieren, auch wenn er als Melancholiker, gemäß dem eigentlich vorgesehenen Titel von Sartres Roman, wohl nicht mißverstanden wäre. Die Verbindung der Schmarotzerbohne mit Roquentins Kastanienwurzel soll lediglich die entscheidende Wende, die sich in diesen Zeichnungen ereignete, zu deuten helfen. Kocherscheidt, der in seinen bisherigen Arbeiten – in seinen eigenen Worten – „die Übersetzung der Übersetzung, eine nochmalige Sinnentleerung“ betrieb und „Zerrbilder von Allegorien in schlechtestem Geschmack“ schuf, der also in der Auszehrung der Tradition und in Spielformen des unendlichen Regresses verharrte, stieß inmitten der Natur mit einem Mal auf Widerstand: auf die Widerständigkeit des Dings in seinem schieren, unableitbaren, aufdringlichen Dasein. Bei Sartres Roquentin übersteigt die Erfahrung dieser bloßgelegten Existenz das Sehen und erfaßt seinen ganzen Körper, ja seine Identität. Von außen her, auf dem Umweg über das Ding, stößt er auf sich selbst als einer leibhaften Person in der Welt. Das Befremden in der Konfrontation mit dem Ding erschüttert die Kohärenz seines imaginären Selbst. Genau von solchem spricht auch Kocherscheidt. In seinen Erinnerungen, auf die ich mich erneut beziehe, stehen diese Sätze, die er zu seiner Reise notiert: „Ich spielte manchmal mit dem Gedanken, meine Identität zu wechseln. Ich fand keine adäquate Form der Darstellung. Zurückgeworfen und konfrontiert mit der Natur, begann ich mich von einem literarisch bestimmten Bild von Malerei zu lösen.“ Drei Krisen: die Krise der Wahrnehmung, die Krise der Darstellung und die Krise der Identität, verschränken sich. Die künstlerische Antwort darauf – Sartres „ich bin ins Hotel zurückgekehrt und habe geschrieben“ – war jetzt allerdings erst noch zu finden. Der Weg, den Kocherscheidt ging, um dieser primären Erfahrung künstlerisch zu entsprechen, läßt sich beschreiben als der allmähliche Wandel von einer herkömmlichen Vorstellung des Bildes als Darstellung zu einer Auffassung des Bildes als Verkörperung dessen, was es zeigt. Das scheint ein unausweichlicher Prozeß zu sein, wenn am Anfang des Weges die Erfahrung einer Natur steht, die sich einer herkömmlichen Repräsentation verschließt. Es beschreibt den Versuch, zu einer Bildform jenseits des Zeichens vorzustoßen, da es genau die Spaltung der Welt in Zeichen und Bezeichnetes ist, die Sartres Kastanienwurzel und Kocherscheidts Schmarotzerbohne durchschlagen. Das Bild selbst soll zu einem solchen Ding werden, wie sie der Künstler auf seiner Reise traf. Deren entsetzender Blick soll nicht gegenständlich fixiert werden, sondern in den Körper des Bildes selbst Eingang finden. Diese Auffassung des Bildes als Körperding ist es, wovon eingangs die Rede war als dem, was im Raum des Morat-Instituts, den Kocherscheidt einrichtete, unmittelbar spürbar wird. Von der Darstellung zur Verkörperung: versuchen wir diesen Weg nachzuzeichnen.

Kapitel I
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Kapitel IV
Kapitel V
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Kocherscheidt Malerei Skulptur

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„Ein Lob dem groben Schnitt, dem brechenden Rand und der Bildentgleisung.“ Kocherscheidt – Sartre – Rihm

in: Brustrauschen. Zum Werkdialog von Kurt Kocherscheidt und Wolfgang Rihm, hrsg. von Heinz Liesbrock, Stuttgart 2001, S. 28-53.


Für Andreas Cremonini

Kapitel I

Betritt man den Raum des Morat-Instituts, den Kurt Kocherscheidt selbst eingerichtet hat, dann fallen zwei Besonderheiten ins Auge, die seinen spezifischen Umgang mit dem Medium des Bildes bezeugen. Zum einen begegnen wir hier skulpturalen Werken, die der dezidierte Maler, der Kocherscheidt war, erst spät in seinem Werk zu entwickeln begann. In der Nachbarschaft zu den Bildern wird sogleich spürbar, daß diese Skulpturen eine Konsequenz seines malerischen Ansatzes sind. Er selbst hat es so in seinen Lebens- und Werkerinnerungen, die den doppeldeutigen Titel „Das fortlaufende Bild“ tragen, beschrieben. Von welcher Konsequenz, von welchem malerischen Ansatz künden sie? Was veranlaßte ihn, mit einem Mal das vertraute Medium zu wechseln und das Bild zu überschreiten?

Die andere Beobachtung betrifft die signifikante Art und Weise, in der Kocherscheidt seine Malereien gehängt hat. Unter Ausstellungsbedingungen werden Bilder üblicherweise entlang einer Horizontalen plaziert, die ungefähr mittig und wie ein imaginärer Horizont durch die Bilder läuft. Von dieser einmittenden Linie erstrecken sie sich entsprechend ihrer Größe mehr oder weniger nach oben und nach unten. Dieser imaginäre Bildhorizont definiert die Beziehung von Betrachterauge und Bild, dadurch erhält selbst das flachste Bild den Charakter einer illusionistischen Vertiefung. Kocherscheidt hingegen hat seine Bilder so gehängt, daß deren jeweilige Oberkanten die den verschiedenen Bildern gemeinsame, umlaufende Linie bilden. Diese Linie liegt sehr hoch, weit über dem Auge des Betrachters. Von ihr scheinen die Bilder gleichsam herabzuhängen. Sie werden damit zu eigentlichen Bildstücken, so wie man von Fleisch- oder Holzstücken spricht – sie sind morceauxstatt tableaux, wie es die kunstkritische Terminologie des 19. Jahrhunderts nannte. Das Herabhängen akzentuiert ihre Dichte und Undurchdringlichkeit sowie ihren Anti-Illusionismus. Daß die Skulpturen jeweils sockellos auf dem Boden stehen und (mit einer einzigen Ausnahme) an die Wand gelehnt sind, scheint sich dem selben Impuls zu verdanken. Doch welchem?

Die beiden Beobachtungen betreffen vor allem das Spätwerk, wenn man bei Kocherscheidts frühem Tod legitim von einem solchen sprechen darf. Sie dienen mir als Hinweise für den Versuch, vom Ende her den künstlerischen Weg nachzuzeichnen, den Kocherscheidt ging. Es ist ein Weg, der äußerst konsequent erscheint, so als wäre er durch eine einzige Frage gebahnt worden.

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Kapitel III
Kapitel IV
Kapitel V
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Andy Warhol reproduction media screen print

Warhols’s Calisthenics as print version (PDF with illus. and fn. 3.160 KB)

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Warhol’s Calisthenics, or, Reproducing Reproductions

in: Warhol. Polke. Richter. In the Power of Painting I. A Selection from the Daros Collection, Zürich/Berlin/New York 2001, S. 25-32.

Warhol has shifted the coordinates of artistic productivity, with lasting effect. Traditionally, a picture shows something which is not itself a picture, and does so by reformulating three-dimensional reality in two dimensions. Warhol’s pictures, however, depict something which is a picture already or, more generally speaking, a flat surface: advertisements, comic strips, dollar bills, and above all photographs. This shift of concept initially led to the negative assessment of Warhol’s art as tautological, that is to say repetitive in that it consisted of duplication, and his pictures were written off as visual readymades. The discourse of surfaces was misinterpreted as superficiality – a critique Warhol himself encouraged and indeed promoted with laconic comments such as: „If you want to know all about Andy Warhol, just look at the surface: of my paintings and films and me, and there I am.“ Nonetheless, no one would confuse a Warhol with the model it reproduces, which has been crucially modified in a process involving many decisions and manipulations. By the same token, Warhol heightens the presence and absence of the visible, makes what he is communicating appear uncommunicated, and repeatedly communicates what was previously uncommunicated. But however his artistic methods are described, the decisive break with the tradition of the panel painting consists less in reducing the artist’s activity to mechanical reproduction than in the fact that the reality shown in the picture is a picture itself. After the early 1960s, when Warhol developed his ideas of art, the tendency to organize communication visually and understand a work as a manifestation of the pictorial media, rather than a physical presence, became increasingly clear. In retrospect, Warhol’s „pictorial turn“ appears as logical as it was visionary. The trend towards adopting the tactics of the media, the social, mental and cultural consequences of which are just beginning to emerge, has led to a steady rise in Warhol’s reputation over the years.

Warhol probably recognized more clearly than any other Pop artist that confronting such changes demands not only a new range of subjects, but above all a different way of producing a picture. With the consistent use of reproductive and serial procedures, media strategies determine both the content of the picture and the process of its production. In these new conditions, Warhol retains one fundamental aspect of art: what is depicted and its manner of depiction, the content and form which mutually determine and question each other in a work of art, are of equal value. This equivalence is evident when we look at the changes of medium in Warhol’s early work. While his first works were still painted by hand, he was copying models also based on drawings done by hand. Examples are Storm Door and Where Is Your Rupture, both of 1961, and the Do It Yourself pictures of 1962. It is no coincidence that the last-named disclose the tension between individual do-it-yourself activity and something ready-made, but do not present that tension as a source of conflict. Rather, the pictures seem to be saying that Warhol likes painting exactly what the model shows. „I’m just the opposite: I don’t want it to be essentially the same – I want it to be exactly the same,“ writes Warhol in POPism, his retrospective survey of the 1960s.

It seems only logical, therefore, that he began eliminating any traces of his own artistic handwriting after 1962. First he turned to stencils, then to silk-screen prints. Seriality now enters the picture, in conformity with the medium. Warhol emphasizes this seriality through a formal device which became his trademark par excellence: multiple repetition of the same motif on a single canvas. For instance, 40 Two-Dollar Bills and 210 Coca-Cola Bottles show exactly that number of dollar bills and bottles (or rather reproduced advertisements of those bottles). The picture is the result of patiently lining up prints side by side, observing the rules of standardized production. While the dollar bills and bottles cover the whole canvas, it is also clear that we are concerned not with that precise number of objects but with a series that could potentially continue ad infinitum. In these pictures, which also include Handle with Care-Glass-Thank You, the principle of form proves to be the principle of production. The emphasis of content thus shifts from the depiction of an object to the depiction of its infinite repetition. This is appropriate to the objects shown, which can be reproduced as often as desired without losing their essential nature, since to some extent they already have a reproductive and serial identity. An individual banknote or a single branded product would be absurd – such items could not fulfil1 their purpose. „What’s great about this country,“ writes Warhol in his Philosophy, „is that America started the tradition where the richest consumers buy essentially the same things as the poorest. […] The President drinks Coke, Liz Taylor drinks Coke, and just think, you can drink Coke too.“ Just as the Do It Yourself pictures equate working by hand with carrying out a preset program, Warhol’s challenge in general consists in the fact that he seems to find no conflict between free choice and necessity, subjectivity and standardization.

That challenge is particularly clear in the photographic silk-screen prints which dominate his production after 1962. Unlike the Coca-Cola and Dollar pictures, they focus on singularity – whether it is good or bad: stars like Elvis Presley and Liz Taylor, great works of art like Leonardo’s Mona Lisa and emblems like the Statue of Liberty, disasters on a small or a large scale, for instance the poisoning of two women in Tunafish Disaster, the suicide of the Silver Jumping Man, the explosion in the Atomic Bomb. They too are subjected to duplication, sometimes no less strikingly than in the pictures of banknotes and parcel labels. In the pictures of stars, this process begins with Double Liz and Elvis 4 Times, and ends with Marilyn x 100. But as Warhol’s works are pictures of pictures, not pictures of people, he is once again making a crucial point: a star is less a flesh-and-blood individual than a pictorial reality, an „image,“ mysterious, surrounded by an aura in a way possible for pictures only when, ultimately, there is no corresponding reality behind them. In line with the iconic logic of stars, reproductive multiplication does not undermine their singularity but actually forms the basis of their fame: „more is more.“ The same is true of the Mona Lisa: the painting has long ceased to be famous because it is great – today it is great because it is famous. Contrary to Benjamin’s theory that the ability of something to be technically reproduced detracts from its aura, the unique status of the Mona Lisa derives from incessant reproduction. Warhol’s productivity, which treats the picture only in the plural, demonstrates how quantity and quality can coincide: only what is endlessly repeated is of significance.

The most startling variants of his literal approach to the media, however, were developed in the so-called Disaster Pictures, Warhol’s most radical series both in subject matter and form. The photographic originals, which he often acquired at great expense, were subjected to qualitative deterioration in several stages; he might, for instance, overexaggerate contrast or increase graininess. He continued this process in printing from the screen, applying the color unevenly, cleaning the screen insufficiently between prints, making the pictures overlap or cutting them off at the edge. This careless indifference of execution places a filter in front of the shocking subject and moderates the confrontation. The word „filter“ is to be taken quite literally since it is one of the meanings of the word „screen,“ a term which can also have connotations of shelter and disguise. Warhol’s screen prints are camouflage prints which conceal their content as well as showing it. However, this description only half accounts for the effect. The apparently careless procedure is calculated not only to screen off the trauma of the pictures but to bring it out on the level of the picture itself. In Suicide (Silver Jumping Man) the last print in particular is so deficient and blotchy that the theme, specifically the man jumping to his death, is literally wiped out. As he mutates into a blank spot on the picture, he might be said to die a second time. Motif and medium merge in a comparable manner in Race Riot: the trousers being torn by German shepherd dogs set on black civil rights demonstrators by the police of Birmingham, Alabama, turn into increasing fragmentation of the picture itself. Serial repetition also produces an ambiguous effect. Placing the prints side by side links them in an ornamental pattern which remains outside the subject of the picture, and in terms of content produces only redundancy. The pattern stresses the surface of the picture, at the same time forcing the motif into the background. As a result the subject matter is not simply devaluated but ultimately contradict- ed. It is as if the depiction were always starting all over again, as if the indigestible motif were being pushed aside until the process of reproduction stops short or goes off course. The images may begin to crowd each other, finally collapsing into chaotic blackness, as in Red Explosion (Atomic Bomb), or the prints may be placed neatly beside and below each other until the printing process grinds to a halt, as in Suicide (Silver Jumping Man). The last picture is missing, leaving a patch of empty, speechless canvas.

The two aspects of every picture, a work which both shows something and shows itself, or to put it slightly differently, makes something visible and is visible itself, are short-circuited in the Disaster Paintings. The pictures suffer the same fate as their subjects: the disaster depicted becomes a disaster happening to the picture. Warhol places an equal sign between picture and reality, being and appearance. Herein lies the point of his pictorial tautology.

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Warhols’s Calisthenics as print version (PDF with illus. and fn. 3.160 KB)

Andy Warhol Reproduktion Medialisierung Siebdruck

Warhols Exerzitien als Druckversion (PDF mit Abb. u. Fn. 3.160 KB)

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Warhols Exerzitien oder Vom Umgang mit den Bildern im Bild

in: Warhol. Polke. Richter. In the Power of Painting I. Eine Auswahl aus der Daros Collection, Zürich/Berlin/New York 2001, S. 25-32.

Warhol hat die Koordinaten künstlerischer Produktivität nachhaltig verschoben. Der Tradition gemäss handelt ein Bild von etwas, das selbst nicht Bild ist, indem es die räumliche Wirklichkeit zweidimensional neu formuliert. Warhols Bilder indessen inszenieren etwas, das selbst schon Bild, allgemeiner gesprochen, selbst schon Fläche ist: Werbeanzeigen, Comic Strips, Dollarscheine, vor allem aber Fotografien. Diese Verschiebung hat zunächst zur negativen Auffassung geführt, Warhols Kunst sei tautologisch, also wiederholend im Sinne einer Verdoppelung, seine Bilder blosse visuelle Readymades. Der Diskurs der Oberflächen wurde als Oberflächlichkeit missgedeutet – wobei allerdings Warhol mit seinen lakonischen Äusserungen wie „Wenn du alles über Andy Warhol wissen willst, brauchst du bloß auf die Oberfläche meiner Bilder, meiner Filme, meiner selbst zu sehen; dort bin ich. Es gibt nichts dahinter.“ kräftig mithalf. Gleichwohl: Niemand verwechselt einen Warhol mit der reproduzierten Vorlage, die in einem Prozess vielfältiger Entscheidungen und Manipulationen auf entscheidende Weise modifiziert wird. Warhol steigert jeweils im gleichen Zuge die Präsenz und die Absenz des Sichtbaren, lässt das Vermittelte unvermittelt und das Unvermittelte unendlich vermittelt erscheinen. Doch wie immer man Warhols künstlerische Massnahmen beschreibt, der entscheidende Bruch mit der Tradition des Tafelbildes besteht weniger in der Reduktion des künstlerischen Tuns auf ein Abklatschverfahren, sondern darin, dass die ins Bild gesetzte Wirklichkeit immer schon Bild ist. Seit den frühen 60er Jahren, als Warhol sein künstlerisches Konzept entwickelte, wurde die Tendenz immer deutlicher, Kommunikation visuell zu organisieren und Gegenwärtigkeit weniger als physische, sondern als bildlich-mediale Präsenz zu begreifen. So erscheint Warhols „pictorial turn“ im Rückblick so folgerichtig wie visionär. Die Tendenz zur Medialisierung, deren gesellschaftliche, psychische und kulturelle Folgen erst in Umrissen erkennbar werden, hat dazu geführt, Warhols Bedeutung über die Jahre stetig anwachsen zu lassen.

Von den Pop-Künstlern hat Warhol wohl am deutlichsten erkannt, dass die Auseinandersetzung mit diesen Veränderungen nicht nur ein neues Themenspektrum, sondern vor allem eine andere Art des Bildermachens erfordert. Mit der konsequenten Anwendung reproduktiver und serieller Verfahren bestimmt die Medialisierung sowohl die Inhalte wie auch den Prozess des Bildermachens selbst. Unter veränderten Bedingungen wahrt Warhol einen Grundzug der Kunst: die Gleichwertigkeit von Dargestelltem und Darstellungsweise, Inhalt und Form, die sich in einem Kunstwerk gegenseitig bestimmen und befragen. Diese Äquivalenz zeigt sich, wenn wir die wechselnden Medien betrachten, die Warhol im Frühwerk aufeinander folgen liess. Malte er die ersten Arbeiten noch von Hand, kopierte er hier Vorlagen, die ebenfalls auf Handzeichnungen basierten; Beispiele dafür sind Storm Door und Where Is Your Rupture, beide von 1961, oder die Do-It-Yourself-Bilder von 1962. Die Letzteren eröffnen dabei nicht zufällig die Spannung zwischen individuellem Selbermachen und Vorfertigung, ohne jedoch diese Spannung als Konflikt zu inszenieren. Vielmehr scheinen diese Bilder zu sagen, dass Warhol es gerade mag, so zu malen, wie es die Vorlage vorgibt. „Ich will nicht, dass es im Grossen und Ganzen dasselbe ist, es sol haargenau dasselbe sein“, schreibt Warhol in POPism, seinem Rückblick auf die sechziger Jahre.

So erscheint es nur folgerichtig, dass er ab 1962 Handschriftlichkeit zu eliminieren begann. Zunächst wandte er sich Schablonen und dann dem Siebdruck zu. Dem Medium entsprechend tritt jetzt die Serialität ins Bild. Warhol betont sie durch eine formale Erfindung, die wie keine andere zu seinem Markenzeichen wurde: die mehrfache Wiederholung desselben Motivs auf einer einzigen Leinwand. So zeigen 40 Two-Dollar Bills oder 210 Coca-Cola Bottles genau diejenige Anzahl von Geldscheinen und Flaschen (bzw. von Werbezeichnungen dieser Flasche), die der Titel nennt. Das Bild ist das Ergebnis des geduldigen Nebeneinandersetzens der Drucke, d.h. eines standardisierten, regelhaften Produzierens. Indem die Geldscheine und Flaschen die Leinwand restlos bedecken, wird zugleich deutlich, dass es nicht um genau diese Anzahl Objekte geht, sondern eine potenziell endlos fortsetzbare Reihe. Bei diesen Bildern, zu denen auch Handle with Care – Glass – Thank You gehört, erweist sich das Prinzip der Form als Prinzip der Produktion. Damit verschieb sich der inhaltliche Fokus von der Darstellung eines Objektes zur Darstellung seiner infiniten Wiederholung. Das aber ist den gezeigten Objekten angemessen, die beliebig reproduzierbar sind, ohne ihr Wesen einzubüssen, ja gewissermassen eine reproduktive und serielle Identität besitzen. Denn ein individueller Geldschein oder ein einmaliges Markenprodukt wären widersinnig – sie könnten ihren Zweck nicht erfüllen. „Das Grossartige an diesem Land ist“, schreibt Warhol in seiner Philosophy, „dass in Amerika die reichsten Konsumenten im Wesentlichen die gleichen Dinge kaufen, wie dir ärmsten. […] Der Präsident trinkt Cola, Liz Taylor trinkt Cola, und – stell dir vor – auch du kannst Cola trinken.“ Wie bereits die Do-It-Yourself-Bilder das Selbermachen mit dem Erfüllen eines Vorgegebenen gleichsetzen, so besteht Warhols Herausforderung generell darin, dass er zwischen freier Wahl und Notwendigkeit, Subjektivität und Standardisierung keinen Gegensatz zu empfinden scheint.

Besonders deutlich wird die Herausforderung bei den Fotosiebdrucken, die die Produktion ab 1962 bestimmen. Im Unterschied zu den Coca-Cola– oder Dollar-Bildern fokussieren sie das Singuläre – im Guten wie im Schlechten: Stars wie Elvis Presley oder Liz Taylor, bedeutende Kunstwerke wie Leonardos Mona Lisa oder Wahrzeichen wie die Freiheitsstatue, Katastrophen kleineren oder grösseren Ausmasses, beispielsweise die Vergiftung zweier Frauen in Tunafish Disaster, den Selbstmord des Silver Jumping Man oder die explodierende Atomic Bomb. Gleichwohl werden sie einer Vervielfältigung unterworfen, die zuweilen nicht geringer ausfällt als die der Geldscheine und Paketaufkleber. Bei den Stars beginnt es bei Double Liz und Elvis 4 Times und endet bei Marilyn x 100. Doch da Warhols Bilder nicht von Menschen, sondern von Bildern handeln, trifft er auch hier den entscheidenden Punkt. Denn ein Star ist weniger ein Individuum aus Fleisch und Blut als vielmehr eine Bildrealität, ein „Image“, geheimnisvoll und auratisch, wie es nur Bilder sein können, denen letztlich keine Realität hinter dem Bild entspricht. Gemäss der ikonischen Logik des Stars führt die reproduktive Vermehrung nicht zur Minderung der Einzigartigkeit, sondern bildet die Grundlage des Ruhms: Mehr ist mehr. Dasselbe gilt für die Mona Lisa: Längst ist Leonardos Gemälde nicht mehr berühmt, weil es grossartig, sondern grossartig, weil es berühmt ist. Ganz gegen Benjamins These vom Auraverlust durch technische Reproduzierbarkeit basiert sein einzigartiger Rang auf unablässiger Reproduktion. Warhols Produktivität, die das Bild nur im Plural kennt, exerziert vor, wie Quantität und Qualität zur Deckung kommen können: Bedeutsam ist allein, was endlos wiederholt wird.

Die überraschendste Variante medialer Buchstäblichkeit entwickeln jedoch die sogenannten „Katastrophenbilder“, motivisch und formal Warhols radikalste Serie. Die fotografischen Originale, die sich Warhol mit oft grossem Aufwand beschaffte, unterwarf er in mehreren Schritten einer qualitativen Verschlechterung, etwa indem er den Kontrast übersteuerte und die Körnigkeit erhöhte. Beim Drucken führte er den Prozess weiter, verteilte die Druckfarbe ungleich, reinigte das Sieb zwischen den Druckvorgängen unzureichend, liess die Bilder sich überlappen oder schnitt sie am Rand ab. Die schlampige Gleichgültigkeit schiebt vor das erschreckende Motiv einen Filter, der die Konfrontation mildert. „Filter“ ist dabei ganz wörtlich zu nehmen: Das Siebdruck-Sieb heisst englisch screen, was zugleich Filter, Schirm und Tarnung bedeutet. Warhols screenprints sind „Tarndrucke“, die den Sachverhalt ebenso verbergen wie zeigen. Doch diese Beschreibung trifft den Effekt nur zur Hälfte. Denn das scheinbar schlampige Verfahren ist so kalkuliert, dass es das Trauma der Bilder nicht nur abschirmt, sondern auf der Ebene des Bildes wiederkehren lässt. In Suicide (Silver Jumping Man) gerät besonders der letzte Druck so löchrig und fleckig, dass das Motiv, vor allem der in den Tod Springende, buchstäblich ausradiert wird. Indem er zum blinden Fleck des Bildes mutiert, stirbt er gewissermassen ein zweites Mal. Ein vergleichbares Gleiten zwischen Motiv und Medium zeigt sich bei Race Riot: Das Zerreissen der Hose durch die Schäferhunde, die die Polizei von Birmingham (Alabama) gegen schwarze Bürgerrechtsdemonstranten hetzte, verwandelt sich in ein zunehmendes Zerfleddern des Bildes selbst. Auch die serielle Wiederholung erzeugt einen zweideutigen Effekt. Das Nebeneinandersetzen der Drucke verwebt die Bilder zu einem ornamentalen Muster, das dem Bildgegenstand ganz äusserlich bleibt und inhaltlich nur Redundanz erzeugt. Das Muster betont die Oberfläche des Bildes und drängt zugleich das Motiv in den Hintergrund. Doch statt das Dargestellte ausschliesslich zu entwerten, kippt der Effekt letztlich ins Gegenteil. Es scheint, als setze die Darstellung gewissermassen immer wieder von neuem an und schiebe zugleich die Unverdaulichkeit des Motivs vor sich her, bis der Darstellungsprozess abbricht oder aus dem Ruder läuft. Entweder beginnen sich die Bilder übereinanderzuschieben und versacken schliesslich in chaotischer Schwärze wie bei Red Explosion (Atomic Bomb), oder die Drucke werden, wie in Suicide (Silver Jumping Man), ordentlich neben- und untereinandergesetzt, bis der Druckvorgang plötzlich stockt. Das letzte Bild fällt aus und hinterlässt ein Stück leere, sprachlose Leinwand.

Die beiden Aspekte eines jeden Bildes, zugleich etwas und sich selbst zu zeigen, oder anders formuliert: zugleich sichtbar zu machen und sichtbar zu sein, diese beiden Aspekte werden in den Disaster Paintings kurzgeschlossen. Den Bildern geschieht selbst, was sie zeigen, die dargestellte Katastrophe wird zur Katastrophe des Bildes. Zwischen Bild und Wirklichkeit, Sein und Erscheinen zieht Warhol ein Gleichheitszeichen. Darin liegt die Pointe seiner bildnerischen Tautologie.

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Warhols Exerzitien als Druckversion (PDF mit Abb. u. Fn. 3.160 KB)

Andy Warhol commercial art Wayne Thiebaud still life

Consumer article in the Art World as print version (PDF with illus. and fn. 2.500 KB)

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The Consumer Article in the Art World: On the Para-Economy of American Pop Art

in: Shopping. A Century of Art and Consumer Culture, ed. by Max Hollein and Christoph Grunenberg, exhibition catalogue Tate Liverpool, Ostfildern-Ruit 2002, p. 148-53.

Chapter IV

Not hung of necessity, however, was the shop-window front of the New York department store where Warhol staged his first ‚art exhibition‘ in 1961 – which, nevertheless, remained totally unnoticed. Here he presented five of the first works produced following his decision to give up his successful career as a commercial artist. They were based upon advertisements and comic strips, and provided, since no gallery would show them, the background for clothes dummies. It was a transitional moment in several respects. The art exhibition in the display window marked precisely the interface between Warhol’s two lives as a commercial designer and free artist, the precarious intermediate stop between department store and gallery. The pictures not only stood behind the dummies, which were presenting the latest ‚costumes‘, but themselves revolved around the theme of metamorphosis. In two of them were painted advertisements for nose operations, hair colouring and muscle building, in three the comic figures Superman, Popeye and Little King – fantasy figures, all of which possessed the potential to rise from a humdrum and petit bourgeois persona to an ideal, bursting with vigour.While Warhol’s success as a commercial artist rested upon a pointedly intimate and characteristic trade style, he found his artistic style exactly the reverse and thoroughly paradoxical in its apparently impersonal approach. It led him to the pictorial language of the serialised, reproductive silk-screen pictures. Here Warhol tested the tension between the singular and the mass-produced, repetition and difference. The themes that interested him were things, which no individual had made and yet which possessed individuality, which were ‚unique‘ although they existed in large numbers: Campbell’s soup cans, regarded as ‚classical‘ because their label design had remained unchanged for decades, or the flashy boxes in which ‚Brillo‘ pads were packaged. Warhol’s first method of dealing pictorially with such phenomena was the elimination of everything handwritten, which the first pictures definitely still showed. It gave way to a method of production that adjusted to the manufacture of the things to such an extent that the printing of a packaging carton only differed from the printing of Warhol’s reproduction in that the former was undertaken by a machine while for the latter Warhol was himself the ‚machine‘. Not only did the object assume a reproductive and serial identity, Warhol’s pictures and sculptures matched this.How essential this parallelism of subject matter and production form was becomes clear when one compares Warhol with, for example, Wayne Thiebaud. Thiebaud, who considered ‚painting is more important than art‘, attempted in pictures such as the Cake Counter of 1963 to continue a great painting tradition in the light of contemporary aesthetic phenomena – and thus acquired the nickname ‚the Chardin of the cake shops‘. To call him a Pop artist because of his choice of motif would be to do justice neither to Pop Art nor to Thiebaud, as his pictures would then have to appear as variants of earlier work, though inevitably backward in their handiwork. Down to the individual brush stroke, Thiebaud’s reverence for Morandi reveals itself, an artist with whom no one from Pop (or Proto-Pop) wished to speak because of the fact that he painted banal bottles. Like Morandi, Thiebaud created an atmosphere of contemplative peace, which sought to capture the ‚quiet life‘ of things, while the pastose brushwork round the objects served to evoke both their materiality as well as their ‚fraternal‘ togetherness. The contrast with Warhol’s diptych on Campbell’s Soup Cans (Chicken with Rice, Bean with Bacon) of 1962 could not be more distinct, not only on account of the absence of the painted object but also from the point of view of composition. The two cans, one on each table, float without any atmospheric embedding on the white primed surface. Even the most miniscule indication of location, which no still life omits, is left out: the horizontal line, which depending upon the picture means a desk or the edge of a room. Whilst every connection relating to situation is missing, there still remains the question as to why the right can is so much smaller than the left one. Without place or time, without reference to the picture surface and the beholder and without making any determinable statement, the simultaneously banal and epiphanic cans remain encapsulated in nothingness.
The ambivalence between singularity and mass-production that Warhol sought has left the argument still unresolved as to whether his view of the new world of things turned out to be subversive or affirmative, pessimistic or optimistic. The question ought for that reason to be unanswerable, because Warhol in a ’scandalous‘ manner seemed to find no difference between free choice and necessity, subjectivity and standardisation. ‚I’m just the opposite,‘ said Warhol, ‚ I don’t want it to be essentially the same – I want it to be exactly the same.‘ The Campbell’s cans and the Brillo boxes announced that Warhol wanted it just as it already was and wanted to make it just like it had already been made. That was Warhol’s caustic test of subjectivity and, simultaneously, what made him ‚American‘ in such a provocative way.

Chapter I
Chapter II
Chapter III
Punkt Konsumgut in der Kunstwelt Chapter IV
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The American Supermarket Campbell's Soup Can Christo Store Front

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The Consumer Article in the Art World: On the Para-Economy of American Pop Art

in: Shopping. A Century of Art and Consumer Culture, ed. by Max Hollein and Christoph Grunenberg, exhibition catalogue Tate Liverpool, Ostfildern-Ruit 2002, p. 148-53.

Chapter III

Together with other artists in 1964, Oldenburg participated in a New York gallery project, The American Supermarket. Like his Store it was based on the idea of transferring the irritating closeness between art and goods to a presentation and sales context, but aimed at the cool, hygienic ‚look‘ of a modern outlet. Here, too, the transfer affected the room itself, as it oscillated between art and non-art. It was entered through a turnstile built by Richard Artschwager, and the ‚wares‘ of different ‚producers‘ were available from freezers and shelves. On offer, among other things, were Tom Wesselmann’s oversized turkey-cock relief made from plastic, a picture by Roy Lichtenstein of the same subject matter, and Robert Watts‘ chrome steel eggs, wax tomatoes and plaster pumpernickels. Warhol used the situation for if not his best, in the light of the borderline between art and non-art, produced and made problematical by Pop Art, certainly his most pertinent work. Under a silk-screen diptych of two Campbell’s cans was a stack built with original cans of soup, signed and declared to be art or ‚Warhols‘, costing many times the normal price. Anyone who decided to buy such a can had – exaggerating slightly – to be schooled in concept art and already to have passed the acid test of endorsing Duchamp’s ready-mades. Warhol split the artificial production up into the separate production of a non-artistic object and its subsequent transformation, without alteration, into a work of art. While the signing de-functionalised the can of soup and while, conversely, enjoyment of the soup would have meant ‚destruction of art‘, it was clear that the production of goods and the production of art were counterbalanced. Thus Warhol’s transformation affected the thing itself to a lesser extent and the thinking about it to a much greater one – through notions of art, institutions, authorship etc. It was precisely the indistinguishableness of art and non-art that allowed the differences between artworks and goods to be set against each other in such an intransigent manner.
If The American Supermarket blurred the boundary between the distribution of art and goods in an amusing and playful manner, Christo’s Store Fronts, shown in the same year and for the first time in New York, gave rise to another, ‚darker‘ form of functional subversion: an abrupt stop to the movement of goods. The first wooden Store Fronts were created from pieces that Christo had found on demolition sites in the Lower East Side, where the old hardware shops had given way to more rational and more profitable sales structures. The new compilations of debris for Store Fronts in gallery rooms led to a complex spatial-functional de- and re-contextualisation. The paradox of the presentation of an architectonic exterior in an inside room was made even more pointed by the fact that the interior of the exterior in question was hung across it – whereby the situation became still more complicated since it was merely a question of façades and the interior did not actually exist. Thus, what was hanging was not something but nothing, and it became less a question of screening than of visualising, in order to produce the seam between what was present and what was absent. The hanging revealed first of all the necessity for the displays of long-vanished shop windows to remain invisible. At least Christo’s early work – which decisively oversteps the context of Pop Art, possibly does not even belong to it – has to cross the ‚tragic‘ trend reminiscent of Surrealism, the hiding and burying of things and the desire to see death and Eros.

Chapter I
Chapter II
Punkt Konsumgut in der Kunstwelt Chapter III
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Claes Oldenburg The Store history of sculpture

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The Consumer Article in the Art World: On the Para-Economy of American Pop Art

in: Shopping. A Century of Art and Consumer Culture, ed. by Max Hollein and Christoph Grunenberg, exhibition catalogue Tate Liverpool, Ostfildern-Ruit 2002, p. 148-53.

Chapter II

‚I find it quite natural‘, said Claes Oldenburg, ‚to work under the conditions of American technical civilisation. I know every effect, every result of the technical working processes and I believe I can control them.‘ However prosaic it may sound, Oldenburg at the same time believed obstinately in the old dream of a reconciliation between art and life. He wished to attain it through the reconciliation of human being and thing. ‚This elevation of sensibility above bourgeois values will (hopefully) destroy the notion of art and give the object back its power. Then the magic inherent in the universe will be restored and people will live in sympathetic religious exchange with the objects surrounding them. They will not feel so different from these objects, and the animate/inanimate schism will be mended.‘ Oldenburg criticised the alienation of everyday life in general just as much as the specific alienation of art from everyday life. In exchange he offered a ’shapeless‘ universalism, which placed everything in a relationship with everything else, his ideal picture of an ‚erotical-political-mystical‘ art, as he described it.
In 1961 he opened a shop, The Store, in his workshop in New York’s Lower East Side, in the wider context of which the ‚Lingerie Counter‘ also came into being. The shop was not only the point of sale, but also the place of production. Its stock covered the whole spectrum of everyday needs, just like the items in the over-filled shops in the neighbourhood, from foodstuffs through clothes and shoes to writing materials. Everything was made from the same material – plaster-covered muslin – and painted in strong colours, as if in an Expressionist style. Oldenburg’s portrayal of reality worked on several levels. First of all it related to the everyday object itself, but of greater importance to him, however, was the ‚imitation‘ of the different fields of activity, which allowed him to become one with the pastry-cook, tailor, bridal wear designer, butcher, sign-writer and shoe-maker. As salesman it also fell to him to distribute what had been produced. The ‚political‘ dimension, on which he set his sights, consequently lay in a return to the non-alienated craftsman’s existence of a pre-capitalist economy in the midst of an American society based on the division of labour. In the art world of The Store there was not a single thing that he could not potentially have been able to produce and sell – though at the price of the transference of the things into art, of the individual articles into non-consumable and dysfunctional statues, of the shop as a whole into an ‚environment‘.
As has already been mentioned, all objects were made from the same material, whether it was a question of an envelope, a sausage or a gym shoe. The surfaces were also exactly the same; everything exhibited the same fissured surface, smoothed by the glossy paint; everything appeared slightly deformed, melted on and lumpy. Some of the objects depicted Oldenburg in relief. They shared part of an unspecified background, in front of which they presented themselves and appeared as if broken off from a larger, imaginary context. The continuum, which began to evolve between the things, did not originate from the objects themselves – what have gym shoes and sausages in common after all – but from the unchanging three-dimensional treatment. It transformed the variance of the objects and materials into a cosmos ‚of the same flesh‘. The Store was, as Oldenburg said, a ’super texture super-collage‘, a far-reaching and encroaching, pulsating organism.
Oldenburg’s osmotic world of goods loosened the relationship between signs and the designated, in their uniform shapelessness, the individual things were suddenly several things at once. The notices and drawings about The Store contain lists of form-analogies, which immediately allow the order that they purport to create, to collapse. According to Oldenburg the following ‚equate with each other‘: ‚Hair and Bacon; Earrings, Airplane Wheels, Brassiere and Breasts; Obelisk and Ironing Board; Frankfurter in Bun, Airplane and rolled Newspaper; Hat, Lips, Banana Split and Gun; etc.‘ The ‚de-formation‘ of individual objects and the dissolving of their utilisation connections open up novel connection possibilities for totally disparate things. ‚The erotic or the sexual is the root of „art“, its first impulse‘, said Oldenburg. ‚Today sexuality is more directed, or here where I am in America at this time, toward substitutes, for example, clothing rather than the person, fetishistic stuff, and this gives the object an intensity and this is what I try to project.‘ The desire of the mythical sculptor Pygmalion was directed towards his marble sculpture of a young woman; Aphrodite took pity on him, animated her and gave her to Pygmalion as his wife.
Oldenburg’s desire is directed towards ice-cream cones and microphones, towards swimwear and pieces of roast meat. The ‚bride‘, also on sale in The Store, was neither more physical nor more desirable than the gym shoe, the same sexual energy being present in everything. Thus, not only did Oldenburg bring about the collapse of the capitalist system in terms of the division of labour but also the pointed fetishisation of the world of goods, which for marketing purposes enhances saleability. His occupation of the object world was as complete as it was consistent in its intensity. ‚Store: 1. Eros. 2. Stomach. 3. Memory. Enter my Store‘, is how he invites us in Store Days.
Oldenburg approached his goal of the convergence of art and life by allowing their energies to merge into one another. His ‚animism‘, which gives life to things, follows in the tradition of sculpture, which since time immemorial has worked with the dialectic of inanimate material and living, ‚animated‘ effect. He coupled this energy, along with the desire structure of the fetishism of goods, to his ‚erotical-political- mystical‘ art. Oldenburg’s Store neutralised the tradition of plastic art in that he retained it and at the same time liquidated it. The ‚anthropomorphising‘ of the world of things continued the tradition of plastic art, which for centuries had dedicated itself almost exclusively to the human figure. At the same time it was released from this thematic fixation, which, from the point of view of a living world shaped by things, had begun to become outmoded.

Chapter I
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Pfeil Konsumgut in der Kunstwelt Chapter III
Chapter IV
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