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Paradigmenwechsel wohin? Artistic Research bei Tomás Saraceno und Robert Smithson
in: Paradigmenwechsel. Wandel in den Künsten und Wissenschaften, hrsg. von Jürgen Bohm, Andrea Sakoparnig, Andreas Wolfsteiner, de Gruyter, Berlin/Boston, 2014, S. 223-245.
Kapitel IV: Kunst als Bedingung der Möglichkeit transkünstlerischer Bedeutung
Die Bedeutung von Saracenos und Smithsons Arbeiten liegt nicht im Gewinn empirischen Wissens: Saraceno setzt sich an entscheidender Stelle darüber hinweg, bei Smithson wird es sogar gezielt unterlaufen. Sowohl bei Saracenos Cloud Cities als auch bei Smithsons Spiral Jetty sind es genuin künstlerische Maßnahmen, die die Bedeutung – und den Erfahrungsreichtum – der jeweiligen Arbeiten hervorbringen: insbesondere das Verfahren, die präsentierten Objekte zugleich zu Bildern von etwas anderem werden zu lassen, sowie das darauf aufbauende Verfahren, Heterogenes so zu verähnlichen, dass es ineinander aufzugehen scheint. Diese künstlerischen Verfahren sind nicht schon die Bedeutung des Kunstwerks, allerdings die Bedingung der Möglichkeit, dass es Bedeutungen entfaltet – Bedeutungen, die anschließend auf ertragreiche Weise naturwissenschaftlich oder soziologisch weiter entfaltet werden können, so wie es beispielsweise in Bruno Latours Auseinandersetzung mit Saraceno geschieht. Das aber bedeutet, dass die Begriffe der Kunst und der künstlerischen Praxis auch für solche auf die empirischen Wissenschaften hin geöffneten Vorgehensweisen fundamental sind, und weiterhin, dass im Konzert der Disziplinen, die zum Verstehen solcher Praktiken notwendig sind, die Kunstwissenschaft mit ihrem Zusammenspiel von werkanalytischen Instrumenten, kunsthistorischem Wissen und ästhetischer Urteilskraft unverzichtbar bleibt. In dieser Hinsicht hat sich kein Paradigmenwechsel vollzogen.